Ärztin hält ein Modell der Eierstöcke samt Gebärmutter in der Hand.

Informationen zur Harninkontinenz

Was ist Harninkontinenz?

Laut ICS (International Continence Society) ist die Harninkontinenz „ein Zustand, bei dem der unfreiwillige Urinverlust ein soziales oder hygienisches Problem bedeutet und objektiv dargestellt werden kann. Der Urin kann nicht verlustfrei in der Harnblase gespeichert werden, und der Ort und die Zeit der Entleerung können nicht selbst bestimmt werden.“ Die häufigsten Arten der Harninkontinenz sind die Belastungsinkontinenz und die Dranginkontinenz.

Bei der Belastungsinkontinenz kann der Verschlussmechanismus der Harnröhre einem erhöhten Druck im Bauchraum (zum Beispiel durch Husten) nicht mehr standhalten. Bei der Dranginkontinenz ist die Blase überempfindlich und vermittelt das Gefühl, ständig auf die Toilette zu müssen. Viele Betroffene leiden auch an einer Mischform.

Patientinnen und Patienten beschreiben die Symptome häufig wie folgt: Bei Belastungsinkontinenz erfolgt der Urinverlust beim Lachen, Husten, Niesen, Hüpfen, Laufen. Bei Dranginkontinenz müssen die Betroffenen alle halbe Stunde auf die Toilette. Sie gehen nachts häufiger als zwei Mal auf die Toilette. Sie kennen jede Toilette an Ihren üblichen Einkaufsstätten. Sie spüren den Drang schon, wenn Sie zu Hause den Schlüssel in die Tür stecken.

Mehr als vier Millionen Menschen in Deutschland (Frauen häufiger als Männer) leiden an Harninkontinenz. Ein Drittel der Betroffenen ist älter als 65 Jahre. Weil das Thema leider bis heute zu den Tabuthemen gehört und „man“ nicht darüber spricht, suchen viele Patientinnen und Patienten keine ärztliche Hilfe. Dabei können die unterschiedlichen Symptome und Ursachen sowohl konservativ (also ohne Operation) als auch operativ verbessert werden.

Was sind die Ursachen der Harninkontinenz?

Die Ursachen der Harninkontinenz können vielfältig sein. Mögliche Ursachen sind:

  • Chronische Harnwegsinfekte oder andere chronische Erkrankungen
  • Medikamente
  • Operationen
  • Östrogenmangel in den Wechseljahren
  • Psychische Probleme
  • Schwächer werdendes Bindegewebe
  • Schwangerschaften und Entbindungen
  • Senkung der Beckenorgane
  • Übergewicht
  • Vorangegangene Strahlentherapie

Wie wird Harninkontinenz behandelt?

Anhand eines Fragebogens klären wir mit Ihnen ab, in welchen Situationen der Harnverlust auftritt, wie häufig und wie stark Sie betroffen sind. Wir führen ein ausführliches Gespräch mit Ihnen, untersuchen Sie (gynäkologisch) und machen eine Ultraschalluntersuchung Ihres Beckenbodens. In einem Miktionsprotokoll (das Sie gerne schon ausgefüllt zur Untersuchung mitbringen können) bitten wir Sie, 24 Stunden lang aufzuschreiben, wie viel Sie trinken und wie viel Harn Sie ausscheiden und unwillkürlich verlieren.

Vielleicht werden auch weitere Untersuchungen (urologisch, urodynamisch, chirurgisch) nötig, damit wir ein klares Bild der Erkrankung gewinnen. Ziel dieser Untersuchungen ist es, Sie anschließend bestens zu beraten und zu behandeln, so wie es Ihrem Körper und Ihrer Befindlichkeit entspricht.

Sobald eine klare Diagnose vorliegt, kann über eine sinnvolle Therapie entschieden werden. Sie wird immer individuell mit Ihnen abgestimmt. Die Therapieempfehlung kann zunächst konservativ ausfallen oder auch eine bestimmte Operation benennen. Oft ist es auch sinnvoll, verschiedene Therapieansätze zu kombinieren. Ausschlaggebend für die Therapieempfehlung sind Ihr persönlicher Leidensdruck, Ihre persönliche Präferenz und vor allem ein Verständnis für Ihre Erkrankung.

Welche konservativen Therapien bei Harninkontinenz gibt es?

Als konservative Therapien stehen zur Verfügung:

  • Anticholinerge Medikation
  • Beckenbodentraining
  • Elektrotherapie
  • Inkontinenztampons
  • Östrogenisierung

Wie ist der Ablauf bei einer Operation bei Harninkontinenz?

Wenn Sie sich für eine Operation in unserer Klinik entscheiden, können Sie einen OP-Termin über unser Sekretariat vereinbaren. Sie erhalten dann einen Termin zu einem weiteren Vorgespräch, bei dem wir Sie über das genaue OP-Prozedere und die Risiken informieren. Am selben Tag werden Sie der Anästhesie unseres Hauses vorgestellt. Diese Vorbereitungen nehmen etwas Zeit und auch Wartezeit in Anspruch. Bitte bringen Sie sich gern ein Buch und etwas zu essen mit.

Am Tag der Operation kommen Sie morgens nüchtern in die Klinik und werden im Verlauf des Tages operiert. Je nach Operation bleiben Sie zur Nachsorge dann noch wenige Tage in stationärer Behandlung.

Anschließend sollten Sie sich circa sechs Wochen lang körperlich schonen. Je nach Tätigkeitsbereich können Sie jedoch schon früher wieder arbeiten. Nach drei bis sechs Monaten kommen Sie für eine Kontrolluntersuchung zurück in unser Zentrum.

Patientinnen sollten mindestens vier Wochen vor einer Operation eine Behandlung mit lokal in der Scheide angewendeten östrogenhaltigen Präparaten (Creme oder Zäpfchen) beginnen und diese Behandlung im Anschluss an die Operation dauerhaft fortsetzen, wenn keine schwerwiegenden Erkrankungen oder Unverträglichkeiten dagegen sprechen.

Welche Therapieverfahren bietet das Interdisziplinäres Kontinenz- und Beckenbodenzentrum Kaiserswerth bei Harninkontinenz an?

Anlage von spannungsfreien suburethralen „Inkontinenz“-Bändchen

Hierbei wird ein dünnes Kunststoffimplantat über einen minimalinvasiven Zugang in der Scheide unterhalb der Harnröhre platziert, das der Harnröhre als Widerlager dient und so den Verschlussmechanismus der Harnröhre unterstützt.

Unter-/Umspritzung der Harnröhre (zum Beispiel mit sogenannten Bulking agents)

Im Rahmen einer Blasenspiegelung werden über die Harnröhre Depots um die Harnröhre gespritzt, die den Verschlussmechanismus der Harnröhre unterstützen.

Injektion von Botulinumtoxin A in den Blasenmuskel

Im Rahmen einer Blasenspiegelung wird Botulinumtoxin A in den Blasenmuskel gespritzt. Dieses lähmt für die Dauer von rund sechs Monaten einen Teil der Blasenmuskelfasern und verhindert so, dass sich der Muskel zu leicht und zu heftig zusammenzieht und damit den Urin unwillkürlich hinauspresst.

Implantation eines Blasenschrittmachers

Unter radiologischer Kontrolle werden Elektroden an die Blase versorgende Nerven gebracht, die zum Beispiel die Empfindlichkeit der Blase positiv beeinflussen.